Evangelischer Kirchplatz

Wer Geld verdienen will, der geht mit dem öffentlichen Raum anders um als die Gemeinschaft. Was gut ist für den Investor ist nicht unbedingt immer gut für die Stadt. Was aber gut ist für die Gemeinschaft, das ist nicht nur gut für die Stadt, sondern langfristig auch gut für den Investor.

Angefangen hat alles mit dem Plan eines Investors, das in die Jahre gekommene Schwanenmarkt Center um zu bauen. Angesichts der riesigen gläsernen Keksdose, die anstelle von Greve und Walbusch geplant war, stellte der Gestaltungsbeirat die Frage, ob hier nicht besser eine Bebauung entstehen könnte, die den historischem Ort wieder lesbar macht und sich dem öffentlichen Raum – dem mittelalterlichen Marktplatz – zuwendet statt sich mit einer glatten Fassade von ihm abzuwenden. Mit viel Außengastronomie vor den Südfassaden könnte hier eine Kulisse für urbanes Leben entstehen.

Der Schwanenmarkt (gemeint ist der Platz, nicht das gleichnamige Shopping Center) und die Alte Kirche bildeten zusammen das Herz der Stadt. Hier liegt der kulturelle, spirituelle und emotionale Ursprung, von dem aus die heutige Stadt gewachsen ist. 75 Jahre nach dem schrecklichen Bombardement liegt das Herz der Stadt noch immer brach mit einer klaffenden Kriegswunde. Wie aber soll die Innenstadt lebendig sein, wenn dort, wo ihr Herz schlagen sollte, gähnende Leere herrscht?

Was also tun mit dem großen Loch, das zwischen dem Alten Markt und dem Nordportal der Alten Kirche liegt? Wir alle kennen die historischen Abbildungen der Gasse, die einst zwischen dem weltlichen und dem spirituellen Herzen der Stadt lag. Aber können wir uns auch vorstellen, wie die räumliche Wirkung war?

Angesichts der städtischen Pläne, die Fläche vor dem Nordportal der Alten Kirche neu zu gestalten, fand Robert Classen vom Verein für Heimatkunde, daß diese Frage zu untersuchen sei. Im Juli 2017 wurde bei der Jahreshauptversammlung ein erstes Modell präsentiert und diskutiert. Rainer Lucas sollte sich im Namen des Heimatvereins dafür einsetzen, daß statt der zweidimensionalen Plattierung der Leere auch eine dreidimensionale Lösung diskutiert wurde, und Unterstützung gab es vom wortgewaltigen Architekten Uwe Schulz.

Das vorläufige Resultat ist das Gegenteil von dem, was die moderne Stadtplanung seit den 50er Jahren predigt. Da der öffentliche Raum vollgeparkt sei, müssen Kriegsbrachen offen gehalten werden, damit es doch noch genügend ‘Platz’ gebe den man dann ‘beleben’ wolle. In dem Modell, das im Juli 2018 präsentiert wurde, wird die Kriegsbrache zwischen dem Alten Markt und dem Nordportal der Kirche bebaut und die ursprüngliche Raumfolge wiederhergestellt. Denn nicht Weite, sondern Enge erzeugt Sog.

Die Stadt wird nicht von Investoren gerettet werden. Die Stadt braucht Bürger, die sich mit ihr identifizieren. Wir wollen einen Identifikationsraum schaffen, in dem Heimat greifbar und zugänglich wird, wie der OB das so schön gesagt hat, und wo wir nicht nur diskutieren können, wie sich das shopping center künftig zum öffentlichen Raum verhalten soll, sondern auch, wie sich die Alte Kirche im Herzen der Stadt manifestieren soll.

Schon jetzt ist das Modell der Beweis dafür, dass es in Krefeld so etwas wie eine Gemeinschaft gibt, die zusammen arbeiten kann, wenn es darauf ankommt. Allen voran sei hier der Verein für Heimatkunde genannt, der Bürgerverein Mitte, der AK der KR Bürgervereine, der Werkbund, die Gemeinde Alt Krefeld und das Presbyterium, aber auch Herr Hudde, Leiter des Stadtplanungsamtes, der das Modell bei Stadtumbau West präsentierte, und die Interessengemeinschaft Lebendige Innenstadt, die prüfen will, ob sie zur weiteren Planung beitragen kann.

Claudia Schmidt, Juli 2018

Das Modell ist in der Alten Kirche zu besichtigen.

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